Nach zähem, angesichts der Wichtigkeit des Anliegens würdelosem Geschacher um Begriffe steht fest: Es wird keine Kinderrechte im Grundgesetz geben. Keine notwendige Zweidrittelmehrheit des Deutschen Bundestages konnte sich auf eine gemeinsame Formulierung einigen.
In den nun zu vernehmenden Chor eines "großen Bedauerns" können wir nicht pauschal einstimmen. Zu fragwürdig war der zuletzt im Raume stehende Entwurf, der vorsah, das Wohl von Kindern gerade einmal „angemessen“ zu berücksichtigen. Das klang eher nach einem Papier für Haustiere, aber nicht für Träger:innen von Grundrechten, wie Kinder sie bereits jetzt sind. Formulierungen im Grundgesetz, die den bisherigen Rechtsstand eher in Frage stellen sowie unterhalb der Maßstäbe der UN-Kinderrechtskonvention bleiben, braucht kein Kind.
Fragwürdig bleiben besonders die jetzigen Bedauernsäußerungen von Bundestagsabgeordneten, die im Konkreten bisher nicht einmal den bereits bestehenden Rechtsrahmen im Kinderschutz ausgeschöpft, sondern ihn sogar aktiv beschränkt haben – durch ihre ausdrückliche, teilweise kurios begründete Zustimmung zur Rechtlosstellung von Jungen gegen nicht-therapeutische Vorhautamputationen am 12.12.2012 – allen voran die amtierende Bundesjustizministerin.
Da stellen sich für uns wirklich Fragen, wie die Forderung nach Kinderrechten im Grundgesetz von solcher Seite überhaupt inhaltlich motiviert gewesen sein soll. Und was wird da jetzt angeblich so stark "bedauert"? Über was ist man "maßlos enttäuscht“? Es erschließt sich einfach nicht. Wenn man zynisch wäre, könnte man antworten, erneut fragend: Meinen sie ihr eigenes Versagen in Debatten, wenn Kinderrechte ganz konkret zu stärken gewesen wären?
Denn wer sich tatsächlich für Kinderrechte stark machen wollte, könnte morgen, besser gleich heute noch damit anfangen, nämlich z.B. Initiativen zur Abschaffung von 1631d BGB ergreifen. Oder hätte dafür sorgen können, dass so ein Irrsinn gar nicht erst Gesetz wird oder zumindest lautstark die eigene Stimme dagegen erhoben, und in den Jahren seitdem kontinuierlich weiter. Wem Kinderrechte tatsächlich wichtig sind, könnte wenigstens augenblicklich beginnen, sich inhaltlich in den entsprechenden Gremien damit zu beschäftigen, was Jungen täglich auf dieser gesetzlichen Grundlage erdulden müssen. Ja, auch in Zeiten des Wahlkampfes. Das Leid der Kinder hört währenddessen nämlich auch nicht auf.
Gleiches gilt natürlich für Kinderschutzorganisationen, die bisher auch nicht den kleinsten Eindruck erwecken, sich angemessen mit dem bestehenden (mindestens) 3-Klassen-Kinderrecht in Deutschland zu genitaler Selbstbestimmung zu beschäftigen.
Kinderrechte werden letztendlich weder durch Forderungen noch durch Statements durchgesetzt, sondern durch Taten. In Situationen, wenn es gilt, sich auch gegen Widerstand für sie aus dem Fenster zu lehnen und Farbe zu bekennen.
Möge der bald neu gewählte Bundestag aus mehr Abgeordneten bestehen, die dazu bereit sind.
Noch haben wir die Möglichkeit, zur Wahl Stehende dazu zu befragen, bevor wir sie - vielleicht - wählen.
Wir alle tragen eine Mitverantwortung, für wie wichtig Kinderrechte in den Parlamenten betrachtet werden.