Jim Knopf und die Wilde FDP

Die Bundestagswahl ist vorbei und eine schwarz-gelbe Regierungskoalition ist zumindest nicht ausgeschlossen wird kommen.

Ist das nun ein Sieg für die Bürgerrechte? Dank der FDP zurück aus Überwachung und Zensur zur Achtung der Privatsphäre?

So ganz sicher was sie will, scheint sich die FDP aber nicht zu sein.

Zum Beispiel in der Frage der Internetsperren; Im März hieß es zuerst [zeit.de vom 20.03.2009]:

FDP fordert Gesetz für Internetsperren

Die Liberalen unterstützen die Pläne von Familienministerin von der Leyen, den Zugang zu Kinderpornoseiten zu blockieren. Allerdings verlangen sie dafür ein Gesetz.

Die FDP änderte danach aber ihre Meinung, dazu der FDP-Abgeordneter Waitz in der ersten Lesung zur Änderung des Telemediengesetzes [Plenarprotokoll des Bundestages vom 06.05.2009, Seite 23886 (A)]:

Mit Ihrem Gesetzentwurf verhält es sich wie mit dem Scheinriesen von Michael Ende: Je genauer man hinschaut, desto kleiner wird er.

Jener Scheinriese, der Herr Tur Tur, kommt übrigens auch in den "Jim Knopf"-Büchern von Michael Ende vor, genauso wie "Sursulapitschi", an die sich Ursula von der Leyen bei ihrem Spitznamen "Zensursula" erinnert fühlt.

Innerhalb der FDP setzte eine Diskussion über Internetsperren ein. Mitte Mai wurde dann folgender Parteitagsbeschluss gefasst [fdp.de]:

Keine Zensur des Internets

Die FDP lehnt die Sperrung von Webseiten mittels vom Bundeskriminalamt geführter verpflichtender Sperrlisten ab.


Das anschließend auf den Weg gebrachte Gesetz fand also nicht die Zustimmung der FDP.

So richtig wichtig kann der FDP die Verhinderung des Sperrengesetzes aber nicht gewesen sein. Als es nämlich am 18. Juni im Bundestag abgestimmt wurde, haben sich Herr Westerwelle, ebenso wie der langjährige Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms und 5 weitere FDP-Abgeordnete, was immerhin 11,48% der Fraktion entspricht, durch Abwesenheit enthalten.

Vielleicht auch deswegen legte Herr Westerwelle im August nocheinmal nach [julis.de vom 17.08.2009]:

Westerwelle benennt Umkehr in der Bürgerrechtspolitik glasklar als Koalitionsbedingung

Zum einen müsse beispielsweise die Vorrautsdatenspeicherung neu auf den Verhandlungstisch und zum anderen "werden wir auf keinen Fall akzeptieren, dass das Bundeskriminalamt unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung im Internet ohne rechtsstaatliche Grundlagen Sperrlisten anlegt. Das ist Zensur des Internets durch die Hintertür"


Die FDP in Bayern äußert sich sinngemäß [fdp-bayern.de vom 17.09.2009]:
FDP will Gesetz für Internet-Sperren stoppen

Die FDP werde nicht nur Frau von der Leyens Internetsperren stoppen, sondern auch die Anwendung der Vorratsdatenspeicherung aussetzen, bis das Verfassungsgericht darüber entschieden hat, erklärt die bayerische FDP-Chefin [Sabine Leutheusser-Schnarrenberger].


Was uns aber besorgt, ist, wie die FDP in Regierungskoalitionen agiert.

In den Ländern, in schwarz-gelber Koalition, ist die FDP nämlich auch mal nicht so bürgerrechtsfreundlich, wenn sie z.B. in Sachsen Internettelefonie besser überwachen will oder der hessischen Polizei eine ganze Liste neuer Befugnisse zukommen soll, in beiden Ländern mit schwarz-gelber Koalition.

Zudem gibt es Verlautbarungen, die man so interpretieren kann, dass sich die FDP neuen Sicherheitsgesetzen nicht in den Weg stellen würde [ZDF Sommerinterview vom 08.08.2009]:

... ein "liberaler Demokrat wird sich immer für Freiheit und Sicherheit gleichermaßen einsetzen", verspricht der FDP-Chef.

Was können wir nun von einer schwarz-gelben Koalition im Bund nun tatsächlich erwarten?

Hält sich die Bundes-FDP an ihre Versprechen?
Wird es beim Versuch der Rücknahme des Gesetzes bleiben?
Werden ihre Ziele zur Bürgerrechtsstärkung überhaupt eine größere Rolle spielen, wenn schon ihre eigenen Landesverbände ganz anderer Meinung sind?

Jetzt ist es wichtig, wenigstens der Bundes-FDP klar zu machen, dass sie auch nach der Wahl zu dem stehen muss, was sie gesagt hat und den Weg nicht wieder rückwärts gehen darf!

Dazu sollten wir den Bürgerrechtlern in der FDP den Rücken stärken. Natürlich hilft es, wenn wir die FDP als ganzes an Ihre Wahlversprechen erinnern.

PS: Man kann diesen Artikel gerne auch weiterzwitschern.

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